• Trotz viel Schlaf ständig müde: Das steckt dahinter

    Freundin Redaktion18. Mai 2024
    Trotz viel Schlaf immer müde

    Sie sind ständig müde? Schlafen abends schlecht ein und kommen morgens nicht aus dem Bett? Dann leben Sie vermutlich gegen den Takt Ihrer inneren Uhr – und sind damit nicht allein. Rund 80 Prozent der Deutschen leiden an einem sogenannten „sozialen Jetlag“. Das heißt, der Tagesablauf und vor allem die Aufstehzeiten entsprechen nicht denen unserer inneren Uhr. Auf Dauer hat dieses asynchrone Leben Folgen: Es fehlt nicht nur Energie für den Tag, sondern man wird auch anfälliger für Krankheiten wie Dia‐betes oder Depression. Wie sich das verhindern lässt und ob man seine innere Uhr auch nach äußeren Zwängen „umstellen“ kann, wollten wir von dem Chronobiologen Prof. Achim Kramer vom Institut für Medizinische Immunologie der Berliner Charité wissen. 

    Herr Prof. Kramer, wann sind Sie heute aufgestanden?

    Um 6.30 Uhr. Mit Wecker. Leider.

    Ohne den geht es in der Früh doch bei den wenigsten.

    Das ist ja das Problem. Besser ist es, wenn man ohne Hilfsmittel wach wird und die innere Uhr entscheidet, wann es Zeit zum Aufstehen ist. Das ist während der Arbeitswoche natürlich kaum möglich. Die meisten Erwachsenen und Schulkinder sind morgens an feste, frühe Zeiten gebunden. Für die Leistungs‐fähigkeit wäre es allerdings besser, wenn wir erst gegen 9 oder 10 Uhr starten würden. Dann sind auch all jene fit, deren innere Uhr sie abends länger wachhält und die morgens dafür mehr Schlaf brauchen. Die sogenannten Eulen.

    Neben den Eulen gibt es noch den Typ Lerche, der zeitig schlafen geht und früh fit ist. Haben Lerchen morgens also kein Problem?

    Da sind sie im Vorteil. Solange sie in ihrem Rhythmus bleiben. Lerchen sind dafür abends schnell müde und die Luft ist raus bei der klassischen Freizeit‐ und Abendgestaltung. Wer dann regelmäßig trotzdem wach bleibt, ob‐ wohl ihm ab 21 Uhr der Kopf vor Müdigkeit auf den Tisch fällt, der bekommt auch zu wenig Schlaf und Regenerationszeit und schlittert auf Dauer in einen „sozialen Jetlag“. Am Ende sind alle müde und erschöpft.

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    Weil wir nicht auf unsere innere Uhr hören. Wo sitzt die eigentlich genau im Körper?

    Die innere Uhr ist eine etwa reiskorngroße Zellansammlung im Hypothalamus im Gehirn. In der Fachsprache heißt sie suprachiasmatischer Nukleus. Über das Auge erhält sie Lichtimpulse und taktet danach den ganzen Körper. Sie bestimmt etwa darüber, wann welche Hormone ausgeschüttet werden, regelt den Schlaf‐wach‐Rhythmus, die Körpertemperatur und die Funktion von Leber und Nieren. Es gibt nichts im Körper, was nicht von ihr beeinflusst wird, jede einzelne Zelle arbeitet in einem bestimmten Rhythmus.

    Was passiert, wenn man ständig gegen diesen Rhythmus lebt?

    Man ist nicht nur weniger leistungsfähig und konzentriert. Man schadet eindeutig auch seiner Gesundheit. Studien zeigen, dass bei Schichtarbeitern, die extrem gegen ihren Takt leben müssen, bestimmte Erkrankungen wie Diabetes, Krebs und Depressionen häufiger sind. Auch stressbedingte Probleme wie das Burnout‐Syndrom treten häufiger auf. 

    Woher weiß ich, wie meine Uhr tickt?

    Das findet man am besten im Urlaub heraus. Beobachten Sie sich genau: Wann wachen Sie ohne Wecker auf? Wann werden Sie abends zum ersten Mal müde? Nach diesen Zeiten sollten Sie sich dann möglichst auch im Alltag richten.

    Das ist leider selten möglich. Könnte man stattdessen nicht einfach die innere Uhr umstellen?

    Ein wenig kann man schon an ihr drehen. Wobei unser Chronotyp genetisch festgelegt ist: Aus einer Eule wird nie eine echte Lerche und umgekehrt. Allerdings verändert sich die innere Uhr im Laufe des Lebens immer wie‐ der: Kleine Kinder sind schon morgens energiegeladen, Jugendliche werden zu Eulen und ältere Erwachsene dann wieder zu Frühtypen. Trotzdem kann jeder die innere Uhr ein bisschen austricksen.

    Wie funktioniert das?

    Mit Licht. Es ist der Impulsgeber für unsere innere Uhr und der Schlüssel für mehr Ener‐ gie am Tag und größere Ruhe in der Nacht. Schon bevor es morgens hell wird, beginnt die Produktion des Hormons Cortisol, das den ganzen Körper aktiviert und munter macht. Das morgendliche Licht sorgt dann für eine gute Synchronisation unserer inneren Uhr mit der 24‐Stunden‐Welt, unser Taktgeber geht nämlich nicht ganz genau. Bei Dunkelheit geschieht alles genau andersherum: Das Dunkelhormon Melatonin wird ausgeschüttet, man wird müde und schläft ein. 

    Wie nutze ich dieses Wissen, um morgens schneller munter zu werden?

    Indem man morgens zum Beispiel direkt nach dem Aufstehen ein Fenster öffnet und Licht an die Augen lässt, auch wenn es bewölkt ist. Die innere Uhr bemerkt, dass es hell ist und sie schneller ticken muss. Auch künstliches Licht kann den Rhythmus unterstützen. Das optimale Badezimmer für Morgenmuffel hat morgens kaltes, bläuliches, helles Licht. Das ist vielleicht nicht superangenehm, macht aber wach. Ein großes Problem ist, dass viele Menschen einen Großteil ihrer Zeit in geschlossenen Räumen verbringen. Oft hinter Fenstern, die nicht genug das taktgebende Tageslicht durchlassen. Zum Glück gibt es in‐ zwischen Ansätze, um das zu ändern, Stichwort „Human Centric Lighting“. Dabei wird versucht, künstliche Beleuchtung auf den na‐ türlichen Rhythmus des Menschen abzustimmen, der sich am Verlauf des Tageslichts orientiert. Mit neuen Lichtkonzepten können künftig in Büros oder Schulen die Energie und Leistungsfähigkeit verbessert werden.

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